Zwei Gedichte
Versuch einer wässrigen expressionistischen Lösung
Maschinen brüllen
Werkzeuge vibrieren
Menschen ächzen,
wie Balken unter Last.
Das Holz von saurem Regen geschwächt
und,
falls sie noch nicht geborsten,
immer unter Spannung stehen.
Die Risse,
die an der Fassade nagen,
nur mit Farbe überdeckend,
bröckeln.
Und niemand ist auf das Ende gefasst!
Papier knistert
Zähne knirschen
Blut rauscht –
durch die Ohren, dröhnt im Schädel.
Fixer gieren nach dem Schuss.
Die goldene Scheibe
verdüstert sich nicht bei Qual, Leid und Sorge,
sie strahlt weiter am Himmel –
unbeachtet.
„Wann“, so die Frage „ist endlich Schluss?“
Betten quietschen
Männer schnaufen
Nonnen schreien,
während sie sich kasteien.
Ausgelatschte, todkranke Huren
frenetisch ficken,
Geld, damit sie nicht sofort verrecken,
um die Wette mit der Zeit,
wissend,
dass sie längst verloren,
ihr Spiel um Leben und um Tod,
das unfreiwillig.
Die Einen sterben früher, die Anderen wenig später“, die Antwort.
Vögel pfeifen
Pulsare signalisieren
Galaxien kreischen
als Lichtpunkte im Continuum,
ohne sichtbare Intelligenz – dennoch unbegriffen.
Materie,
grösstenteils aus Nichts bestehend,
geschickt kombiniert als Mensch,
dichtet.
Fast bin ich versucht zu lachen!
Martin Vögeli, Sonntag, 7. Januar 1996, 18.52 Uhr
Wo Tote sind, da lass dich nieder
Was ist der Mensch
als eine Molekülkonzentration,
die schnell gewachsen,
bald schon wieder zu Staub zerfällt.
Lustig klimpern die Knochen in der Kiste!
Stärker als das Leben
trägt er den Tod in sich.
Dessen bewusst, sterbt er nach der Ewigkeit,
und kreist dabei doch nur wie eine Motte um das Licht.
Und lustig klimpern die Knochen in der Kiste!
Martin Vögeli, Mittwoch, 12. Januar 1996, 16.19 Uhr