Gedichte und Texte aus der Lehrzeit


Das düstere Zeitalter von Martin Vögeli

Die vier Fäkalienpotenzen

Scheisse0 = 1
Scheisse1 = Scheisse
Scheisse2 = Quadratscheisse
Scheisse3 = Scheisshaus
Scheisse4 = Stuhlgang

Sonntag, 21. Januar 1996, 21.34 Uhr

Gedicht oder (Alles) Erdichtet!

Es war einmal ein Hampelmann,
der wusste nicht, woran er hing,
der wusste nicht, woran man zog
und warum man sich vor Lachen bog.

Er wusst es nicht,
er war aus Holz.
Er wusst es nicht,
darauf war man stolz.

Es war einmal ein Hampelmann,
der wusste nicht woran er hing,
was er wollte, wusst er nicht,
doch was er sollte, wusste man.

Von der Wand auf den Boden,
er wird nicht aufgehoben.
Man hat den Nagel eingeschlagen,
doch hat man ihn verbogen.

Es war einmal ein Hampelmann,
der wusste nicht woran er hing.

Irgendwann im Jahr 1995

– Ohne Titel –

Wir sitzen zwar im selben Abteil,
doch unsere Blicke treffen sich nicht;
wir fahren die selbe Strecke,
doch teilen wir den Weg nicht.

Du sitzt immer am selben Platz,
ich weiss es ohne hinzusehen,
ich weiss nicht deinen Namen, deine Sorgen, dein Daheim,
aber ich freu mich schon auf das Wiedersehen.

Ich weiss, du bist keine Schönheit,
deine Kleider sind nichts Spezielles.
Du fällst gar nicht auf,
das regt gerade meinen Geist an.

Die Jahre vergehen wie im Flug.
Die Zeit läuft uns davon,
wie lange wir wohl noch leben?
Wieviel Zeit uns noch bleibt Bekanntschaft zu schliessen?

Der Zug ist unser Schicksal,
der Fahrplan unser Glück,
der Streik ist unser Greuel,
der Schaffner unser Mittler.

Am Morgen steig ich zu,
dann kommst du,
ich verlasse dich,
der Tag beginnt.

Der Tag ist lang und öd,
der Gedanke an dich ist mein einziger Halt.
Die Arbeit ist ein schwarzes Loch.
Keiner kann helfen, keiner macht das Dunkel hell.

Das Leben ist ein Würfelspiel,
wir kennen weder Weg noch Ziel,
doch meines verläuft wie auf Schienen
und keiner kann helfen, weil man weiss wie das ist.

Der Abend kommt angeschlichen,
er weiss wie ich auf ihn warte,
er weiss das und schämt sich,
dass er nicht schon lange gekommen.

Der Abend kommt angeschlichen
und endlich ist er da.
Ich schleiche auf den Bahnhof,
sie haben mich wiedermal geschafft.

Wer schlaucht mich so und schafft es doch immer wieder,
dass ich aufs neue aufstehe
und mich dem alltäglichen Kampf stelle?
Wer ist das zur Hölle?

Und du sitzt da in dem Zug.
Und ich weiss nicht was sagen.
Und wer auf dieser Welt ist nicht einsam?
Und was soll der ganze Zirkus?

Und ich sitzt da und blicke vor mich hin.
Ich denke ich bin
und blicke fragend auf die Uhr.
Die Bahn kann ihre eigene Zeitvorgabe wieder einmal nicht einhalten.

Im November 1995

– Ohne Titel –

Die einzige Chance des Menschen ist seine Endlichkeit. Im Herausgelöstsein aus der Zeit liegt sein Untergang. Der Ewigkeit nicht gewachsen, strebt er sie immer an. Dem Tod nicht gewachsen, sucht er ihn zu hindern. Mit immer der gleichen Frage nach dem Sein, dem das war und dem was kommen wird. Das Jetzt verachtend, schmäht er sein ganzes Leben. Nicht die Sprache lenkend, in ihr treibend, sucht er sein Glück, unfähig des Verstehens. Verloren im Ich, greift er nach den Früchten und bückt sich nach dem Wasser, nie sein Ziel erreichend, ermüden seine Bewegungen schnell, erschlaffen seine Glieder, versiegt ihm der Atem, dörrt sein Leib. Asche zu Asche, Staub zu Staub. Verlierer des Ichs.

Mittwoch, 12. September 1995, 20.49 Uhr

– Ohne Titel –

Die Macht der Poesie liegt nicht in ihrer absoluten Wahrheit, sondern in der Wahrheit des Momentes, der Emotion, die in dem Augenblick stimmt und immer stimmt, wenn sie gedacht, gelesen oder geschrieben wird.

Mittwoch, 12. September 1995, 18.54 Uhr

Tag

Morgens – On.
Morgens raus, Haus.
Morgens rein, Werk.

Mittag – Halbzeit!

Abends raus, Werk.
Abends rein, Haus.
Abends – Off.

Donnerstag, 6. April 1995, 22.45 Uhr

Willig, ja – willens, nein!

Gezeugt zu gefallen.
Geboren zu gehören.
Gelebt zu gehorchen.
Gestorben nicht zu stören.

Willig, ja – willens, nein!

Donnerstag, 6. April 1995, 22.30 Uhr

Grau

Blut strömt wie Wasser aus Adern.
Ha!
Nicht zum ersten Mal, doch bestimmt zum letzten Mal.
Ha! Wäre doch gelacht.
Blutstrom, Fluss des Lebens, wie gewonnen so zerronnen.
Ha!

Donnerstag, 6. April 1995, 22.20 Uhr


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