Ein Märchen von Martin Vögeli

Es war einmal ein Buchhändler, der fühlte sich trotz spannender Bücher und lieben Freunden manchmal einsam im Königreich Pandemia. Eines Nachts befand er sich später als sonst auf dem Nachhauseweg als ihm beim Schloss im Lichte des Vollmondes ein weiss leuchtender Engel erschien. Gebannt staunte er, wie sich dieser Schritt für Schritt murmelnd näherte. Plötzlich durchfuhr es ihn wie ein Blitz; es war in Wirklichkeit die bezaubernde Prinzessin, welche schlafwandelnd durch die Gassen der Hauptstadt zog. Ohne zu zögern, gesellte er sich zu ihr und lauschte gebannt ihren leisen Worten. Zurück beim Schloss beobachtete er wie sie von zwei Wächtern durch das mächtige Tor wieder eingelassen wurde. Fortan begleitete der Buchhändler Vollmondnacht für Vollmondnacht die schlafwandelnde Prinzessin und hörte ihr aufmerksam zu. Dabei entdeckte er, dass sich unter der schönen Oberfläche eine intelligente und warmherzige Frau verbarg, die er schätzen und lieben lernte.

Es kam der Tag, da sollte sich die Prinzessin vermählen. Edle Prinzen von nah und fern traten bei versammeltem Hofstaat vor die Prinzessin hin und erzählen von weitläufigen Gütern und tollkühnen Taten; doch keiner konnte das Herz der Prinzessin im Sturm erobern. Der König zweifelte langsam, ob sich der Richtige überhaupt finden liesse, da kam der Königin die zündende Idee auch Anwärter aus dem Volke vorzulassen. Bestimmt würden die Prinzen dann in noch besserem Lichte dastehen. Als der Buchhändler das hörte, fasste er sich ein Herz und trat unter den spöttischen Blicken der höfischen Gesellschaft an die Prinzessin heran und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Niemand sonst weiss, was es war, doch ab diesem Augenblick waren die zwei wie Pech und Schwefel. Alsbald läuteten im ganzen Reich die Hochzeitsglocken und später regierten sie gemeinsam sowohl umsichtig als auch wohlwollend. Und wenn sie nicht gestorben sind, flüstern sie noch heute vor wichtigen Entscheidungen – oder auch einfach nur so…