Vögeli, Martin: Nein, das ist keine Bombe. Stadtblatt, 6. April 2008. Winterthur, 14 (2008), S. 21, Rubrik: Tagebuch.
Montag:
Mitternacht. Nach der rauchfreien, dennoch eklig stinkenden Bar lüften wir unsere Lungen und Köpfe in den windigen Gassen von Besançon durch. Wir sind eine Gruppe von zehn mehrheitlich Studierenden, angeheitert, frierend, vergnügungssüchtig. Unser Ziel ist sinnigerweise der Oxygen Nightclub. Doch auch der mieft wie die Bar eben schon. In Frankreich herrscht ein generelles Rauchverbot in öffentlichen Räumen. Der Rauch ist zwar weg, dafür riecht man jetzt, was er ehedem vor der Nase verschleierte abgestandenen Bier- und Schweissgeruch. Ich bin Nichtraucher. Nur damit das klar ist.
Dienstag:
16 Uhr 30: In letzter Minute rausche ich ins Zimmer rein. «Grüezi Herr so und so. Grüezi Frau Regierungsrätin.» Schnell sind alle begrüsst, ich setze mich hin und komme erst einmal zu Atem. Die Sitzung mit dem Fachhochschulrat der Zürcher Fachhochschule, ZFH, beginnt. Ich vertrete die Interessen der Angestellten sowie des Mittelbaus. Heute geht es um die neue Personalverordnung der ZFH und damit ums Eingemachte, wie die Regierungsrätin lächelnd kommentiert, sind doch die Lohnklassen wichtiger Bestandteil davon. Drei Stunden und viele Worte später ist es vorbei.
Mittwoch:
19 Uhr 45: Die Dame hinter dem Schalter lächelt. «Es gibt wohl keine Plätze mehr?», frage ich. «Doch, doch, einer in der ersten Reihe und Platz 1 der Reihe 8 sind noch frei», meint sie. Da habe ich aber Glück, denke ich und nehme Letzteren. Franz Hohler gehört wegen der TV-Sendung «Franz und René» zu meinen Kindheitserinnerungen, und er erzählt im Casinotheater Winterthur Kindergeschichten für Erwachsene. Die 25 Kilogramm schwere Sporttasche und den Velohelm gebe ich vorher mit der Jacke an der Garderobe ab. «Nein, das ist keine Bombe», kommentiere ich den prüfenden Blick des Angestellten.
Donnerstag:
15 Uhr 24: Ich bezahle die Dreierpackung Zahnbürsten im Supermarkt und eile zur Praxis. Die Assistentin beim Empfang schenkt mir eine Musterpackung Zahnpasta, womit ich schnell die Zähne putze. «Wollen Sie eine Spritze?», fragt kurz darauf der Zahnarzt. Ich verneine, und schon frisst sich der Bohrer in die alte Füllung und den Zahn tiefer und tiefer, bis er auf den Nerv stösst. So war das aber nicht gedacht. Entspannen und ruhig atmen, sage ich mir. «Wie schmeckte die Zahnpasta?», erkundigt sich die Assistentin. «Besser als der Bohrer», antworte ich, verabschiede mich und gehe.
Freitag:
20 Uhr 08: Nach einem langen Weiterbildungstag an der Donau- Universität Krems in Niederösterreich sprechen der Studiengangleiter und ich über das Parkinsonsche Gesetz, welches besagt: «Arbeit dehnt sich in genau dem Mass aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht.» Bei Studierenden scheint sich das zu bestätigen. Wie wäre es sonst zu erklären, dass sie die Aufgaben immer erst auf den letzten Drücker fertig kriegen? Bevor mir dieses Gesetz zu Ohren kam, war ich deshalb immer unzufrieden mit mir, weil mir das auch ständig passiert jetzt fange ich bewusst im letzten Moment an.
Samstag:
19 Uhr 42: Im dieselbetriebenen Regionalzug von Krems nach Sankt Pölten lese ich in «The Golden Compass», dem ersten Band der Trilogie von Philip Pullmans «His Dark Materials». Im Wartesaal in Sankt Pölten, einem tristen Ort, toben die Kinder einer siebenköpfigen Familie. Ich lese das Buch zu Ende und beginne mit dem zweiten Band «The Subtle Knife». Im Nachtzug namens «Wiener Walzer» nach Zürich lese ich im Lichte der elektrischen Nachtlampe und zum vom Rattern der Schienen orchestrierten Schnarchen meiner fünf Abteilsgenossen weiter, bis ich einschlafe. Lesen kann so schön sein!
Sonntag:
7 Uhr 42: Mein Mobiltelefon behauptet, es sei erst 6 Uhr 42. Ist eine leidige Sache, so eine Zeitumstellung. Jedenfalls schaffte es der Nachtzug nicht, den plötzlichen Sprung der Uhren von 2 auf 3 Uhr wieder wettzumachen, hätte er doch um 6 Uhr 20 ankommen sollen. Einen Sprint weiter sitze ich in der S-Bahn auf dem Weg nach Winterthur, wo ein kontinuierlich über die Woche gewachsener Berg schmutziger Wäsche darauf wartet, gewaschen zu werden. Vielleicht sind mir ja die Heinzelmännchen zu Hilfe gekommen? Das wäre aber auch zu schön gewesen!
Moral von der Geschichte:
Hinter jeder der sieben Geschichten versteckt sich ein Sprichwort, das entdeckt werden möchte. Ordnen Sie die Sprichwörter den Wochentagen zu und bringen Sie die Buchstaben in Klammern in die richtige Reihenfolge. Schicken Sie mir das so gefundene Lösungswort per E-Mail zu und gewinnen Sie immerwährenden Ruhm und Ehre: Die Hoffnung stirbt zuletzt (R). Die Letzten werden die Ersten sein (ER). Den Nagel auf den Kopf treffen (EN). In den sauren Apfel beissen (D). Lange Rede kurzer Sinn (U). Völlig hin und weg sein (KE). Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben (Q). Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Rätseln!