E-Learning: Lernen im Zeitalter des Internets


Vögeli, Martin (2006, Sept 4). E-Learning: Lernen im Zeitalter des Internets. In: IT Business, 4/5/2006, 58-59. Und in: ZHWinfo: Diplomarbeiten / Armin Züger (Hrsg.). – 4000. Aufl. – Winterthur: ZHW, 31 (2007), S. 46 ff.

Einleitung, Teaser *

Livelong Learning, Blended Learning, Mobile Learning, Rapid Learning, Informal Learning, Micro Learning, Casual Learning usw. Nein, Sie sind nicht in einem Englischkurs gelandet – der Bildungsmarkt ist ein Dschungel und mit dem Auftauchen von E-Learning wurde das auch nicht gerade besser… Obwohl viele der eingangs genannten Begriffe zum Zwecke der Vermarktung von Produkten geprägt wurden, stellen sie eine Art Kaleidoskop verschiedener Aspekte von E-Learning dar. Wovon sprechen wir also?

Wovon sprechen wir *

E-Learning kann im weitesten Sinne als Unterstützung des Lernprozesses mit elektronischen Medien verstanden werden. Dabei spielen didaktische, gestalterische und technische Aspekte gleichermassen eine grosse Rolle. Die Produktion von E-Learning geht deshalb häufig in interdisziplinären Teams vonstatten, welche durch Sachverständige des jeweils zu vermittelnden Inhalts ergänzt werden. Um den Erfolg des Lernangebots «messbar» zu machen, müssen dem Team Vorwissen und Lernziele der Zielgruppe bekannt sein.

Vorteile von E-Learning:

  • Zeit- und Ortsunabhängigkeit beim Lernen
  • Multimediale Inhalte (z. B. Animationen)
  • Individualisierung (z. B. Lernweg)

Nachteile von E-Learning:

  • Lernende brauchen grosse Selbstdisziplin
  • Abschweifen (Lost in Cyberspace) beim Lernen
  • Hohe Kosten/Aufwand bei der Inhaltserstellung

Sicht des Lernenden

Wie sieht denn nun aber gutes E-Learning konkret aus? Die Befragung von zehn Experten ergäbe gleich viele Antworten, bei denen meist die drei Hauptkomponenten Inhalte, Kommunikation und Zusammenarbeit unterschiedlich stark gewichtet wären. Auf die Zusammenarbeit wird häufig verzichtet, wir können uns deshalb beim folgenden typischen Beispiel aus Sicht des Lernenden auf Inhalte und Kommunikation beschränken:

Als Erstes starte ich meinen Rechner und logge mich via Internet in das virtuelle Lernangebot ein. Auf meinem Stundenplan steht diese Woche «Sicherheit in Computernetzwerken». Ich klicke den entsprechenden Kurs an und beantworte als Erstes die Multiplechoicefragen des Einstiegstests. Durch Knopfdruck schicke ich meine Antworten ab und erhalte unmittelbar darauf eine automatische Rückmeldung, dass ich die Lerneinheit «Virenschutz» überspringen kann, «Firewall» und «Spyware» aber durcharbeiten soll.

Das tue ich und finde dafür je eine vertonte Folienpräsentation mit eingebauten Verständnisfragen und ein umfangreiches Skript zum Ausdrucken vor. Ich begnüge mich mit den Folien. Beim Durcharbeiten der Lerneinheiten fällt mir auf, dass sich mein Rechner in letzter Zeit verdächtig verhält, und ich schreibe einen Beitrag mit meinen Beobachtungen ins Diskussionsforum des Kurses.

Im Anschluss daran löse ich den Abschlusstest zu 84% richtig. Erwartet werden 75% – ich kann also zufrieden sein. Inzwischen hat ein anderer Lernender im Diskussionsforum eine ähnliche Beobachtung bei seinem Rechner geäussert. Weitere Beiträge folgen im Verlaufe der Woche und die Trainerin gibt schliesslich einen nützlichen Hinweis, der mir hilft eine bis dahin unbemerkt wirkende Spyware von meinem Rechner zu entfernen. Ich werde in Zukunft vorsichtiger sein.

Sicht des Arbeitgebers

Die meisten Hochschulen bieten in der Zwischenzeit E-Learning, wohl nicht zuletzt wegen der grosszügigen staatlichen Förderprogramme der vergangenen Jahre, in der einen oder anderen Form an, und viele Arbeitgeber, vor allem in Unternehmen, haben Vorteile dieser Art der Mitarbeiterschulung erkannt. Dass es sich dabei vornehmlich um grössere Unternehmen handelt, ist wohl nicht zufällig. Die oft hohen Produktionskosten von E-Learning machen sich durch steigende Teilnehmerzahlen bezahlt.

Weitere Vorteile aus der speziellen Sicht des Arbeitgebers:

  • Weniger Abwesenheit der Mitarbeiter
  • Reduzierte Reise- und Raumkosten
  • Intensivierung des internen Wissensaustausches

Doch auch für den Mitarbeiter ergeben sich Vorteile:

  • Freie Zeiteinteilung (z. B. nutzen von Randzeiten)
  • Bedarfsorientiertes Lernen (z. B. just in time)
  • Inhalte liegen stets in einer aktuellen Fassung vor

Das Baukastensystem

Vielerorts werden inzwischen Learning Management Systeme (LMS) verwendet. Das sind Webanwendungen, die Laien befähigen virtuelle Lernangebote im Baukastensystem zusammenzustellen. Dies können Ressourcen wie Dokumentenablagen, Webseiten oder Hyperlinks sein. Aktivitäten wie Diskussionsforen, Wiki – das Schweizer Taschenmesser des E-Learnings – oder Tests sind auch schnell eingebaut.

Daneben gibt es einen Kalender mit den wichtigen Kursdaten, Neuigkeiten seit dem letzten Einloggen werden hervorgehoben oder bei Abonnierung an die gewohnte Mailbox übermittelt, und man kann gegebenenfalls gerade darauf reagieren. Neben etablierten kommerziellen Anbietern gibt es inzwischen auch einige LMS, die als Free und Open Source Software heruntergeladen und verwendet werden können. Man hat richtiggehend die Qual der Wahl.

Markt und Trends

Der Markt für E-Learning ist undurchsichtig. Es gibt eine Vielzahl von Anbietern. Da gibt es Firmen, die aus dem Webdesign kommen und E-Learning als zusätzliche Dienstleistung anbieten, Verlage, die ihre Palette auf elektronische Lehrmittel ausbauen, Hochschulen, die aufgebautes Know-how zur Generierung von Drittmitteln vermarkten usw. Wenn kein Lernangebot «von der Stange» eingesetzt werden soll, tut man gut daran, Offerten einzuholen.

Entsprechend gibt es jede Menge Trends. Open Content-Initiativen an Hochschulen, Suchmaschinen die Inhalte des Internets beinahe vollständig erschliessen, und Wikipedia machen den Anbietern aber das Leben schwer und sie versuchen, möglichst Massgeschneidertes für ihre Kunden zu entwickeln. Am Boomen sind zur Zeit Podcasts von Vorlesungen. Lernen in Netzwerken und Qualitätssiegel für Lernangebote liegen ebenfalls voll im Trend. Man darf gespannt sein, wie es weitergeht.


* Überschriften nachträglich (2006/11/04) eingefügt.


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